Elf Regisseure erkunden die Stadt und die Liebe
In sich gekehrt lehnt sie in der U-Bahn, auf dem Weg zum ersten Date nach dem One-Night-Stand. Erwartungsvoll, verwirrt und beklommen: War das ein Ausrutscher oder ein Versprechen? Könnte man etwas füreinander werden?
Gegen die Zweifel lodern Erinnerungsbilder der gemeinsamen Nacht. Hände auf Haut. Leidenschaft.
Das ist nur eine von elf Episoden aus der Kurzfilmkompilation „New York, I love you“, die gerade in die Kinos kommt. Zwei Jahre nach „Paris je t’aime“ versammeln dessen Produzenten wieder namhafte oder aufstrebende Regisseure. Unter anderen Mira Nair (Monsoon Wedding), Joshua Marston (Maria voll der Gnade) und den deutschtürkischen Regiestar Fatih Akin.
Aber wer hier eine der üblichen Aneinanderreihungen von Kurzfilmen befürchtet wird erfreulich überrascht. Souverän arrangieren sich die Stadtexkursionen der sehr unterschiedlichen Regisseure zu einem organischen Episodenfilm, der die Facetten, Register und Tonlagen der Liebe durchspielt: Elegisch und burlesk, sexy und melancholisch.
…die unerträgliche Leichtigkeit der Liebe…
Unter die schwerwiegenderen Liebesbefragungen streuen sich verspielte Zwischenepisoden. Yvan Attal, Ehemann der wunderbaren Charlotte Gainsbourg, kreist in zwei kurzen Geschichten um das Flirtfördernde des Rauchverbots. Seine Anbahnungen auf dem Bürgersteig beziehen ihre Schnellkraft aus dem Drehmoment ihrer Pointen. Pointen, die den Namen verdienen – so wendig wie witzig. Ethan Hawke gibt den selbstverliebten wie eloquenten Autor, der eine schöne Unbekannte mit zunehmend anzüglichen Offerten umschwiemelt.
Sie wird gespielt von Maggi Q, die schon als Kung-Fu Amazone im vierten Teil der „Stirb Langsam“ Reihe ihre sinnlichen Reize ausspielen konnte. Pointen sollte man nicht ausplaudern. Also nur so viel: Am Schluss ist das Jäger-Beute Schema ausgehebelt und der verhinderte Verführer bleibt verdutzt und entwaffnet zurück. Mit ihrer Karte in der Tasche.
…Geschichten vom Finden, Verlieren und der Magie des Moments…
Über Soho, Chinatown und Central Park: Erzählt werden immer auch die verschieden Bezirke und Lebenswelten der Metropole. Und erzählt wird das Nebeneinander der Kulturen im vermeintlichen Schmelztiegel. Die unerwarteten Treffpunkte, Begegnungen, Möglichkeiten – und ihre Grenzen. Geschichten vom Finden und Verlieren, der Magie des Moments. Die Liebeserklärung an die Stadt wird so zum Werbefilm für den Big Apple – im besten Sinne.
Denn wenn im Kinosaal das Licht wieder angeht ist man gepackt vom unwiderstehlichen Drang den nächsten Flieger zu nehmen und die Stadt und die Liebe (neu) zu entdecken.
Tobias Lenartz